Wissenswertes über die Weinbergschnecke

 

Eine Zeitungsmeldung die mich anregte, einiges über die Weinbergschnecke zu recherchieren

Polizeischutz für Weinbergschnecken. Junger Mann wurde von Polizisten beim Schneckensammeln erwischt. Er mußte seine Beute unter Polizeiaufsicht wieder ziehen lassen

Eine Meldung, die sicher bei manchem ein Schmunzeln, bei anderen Unverständnis hervorruft. "Hat die Pollizei nichts anderes zu tun?" werden viele sagen, "es gibt doch genug von diesen Schädlingen."

Sind Schnecken wirklich so schädlich? Nein, nur dann, wenn sie im Garten in sehr großen Mengen vorkommen! Eine Weinbergschnecke frißt in 24Stunden etwa 120 bis 200 Quadratzentimeter Grünblattfläche kahl. Das sind ca. 4 - 5g ( ! ) Grünmasse

Einzelne Tiere kann man deshalb wohl kaum als ernstzunehmende Schädlinge bezeichnen. Freilich, Kostverächter sind sie nicht. Alle vom Menschen kultivierten Gemüsearten schmecken auch den Schnecken. Besonders saftige Früchte sind ihnen eine willkommenen Abwechslung in der Ernährung. Die Nahrungsaufnahme erfolgt über einen komplizierten Zungenmechanismus, der in der Mundhöhle liegt. Vereinfacht könnte man sagen, auf einer Membran befinden sich 20 bis 25.000( ! ) nach hinten gerichtete Zähnchen, so daß das Ganze wie ein Reibeisen aussieht. Alle Zähnchen haben verstärkte Spitzen, die sich sehr langsam abnutzen. Verbrauchte Zähnchen werden abgestoßen, neue wachsen nach.

 

Aus den Weinbergen, wo sie früher häufig anzutreffen waren, sind die Schnecken durch moderne Dünge - und Schädlingsbekämpfungsmittel weitgehend vertrieben worden. Bei uns finden sie in Parks, an Wegrändern und in Gärten günstige Lebensbedingungen. Sie sind schön anzusehen, mit ihren spiralförmigen Häusern, die sie ständig mit sich herumtragen. Sie strahlen Ruhe aus, wenn sie langsam und anscheinend mühelos über eine Fläche rutschen, ohne daß man ihnen einen Bewegungsmechanismus ansieht.

Ihre biologischen Eigenheiten haben wir in unseren Sprachgebrauch übernommen. Wer kennt nicht die Redewendung

Sich ins Schneckenhaus zurückziehen oder Langsam wie eine Schnecke sein

Jährlich werden Millionen von Weinbergschnecken gesammelt, um als Gaumenschmaus zu enden. Ihre Art droht auszusterben. Deshalb sind sie von März bis Juli unter Schutz gestellt. Während dieser Zeit sollen sie Gelegenheit haben, in Ruhe ihre Eier abzulegen.

 

Wie leben diese Tiere, die in den süd - und westeuropäischen Ländern als Volksnahrungsmittel gelten und auch bei uns immer mehr als Delikatesse angesehen werden?

Mit 2 - 4 Jahren sind sie geschlechtsreif. Etwa 4 - 6 Wochen nach der Paarung beginnen die Schnecken mit der Eiablage. Sie suchen sich dafür nicht zu harten, feuchten und formbaren Boden aus. Mit kreiselförmigen Bewegungen des Vorderkörpers dringen die Tiere so tief in den Boden ein, daß sogar noch ein teil des Gehäuses in der Erde verschwindet. Dann wird der untere Teil des Bohrloches noch einmal auf 4 bis 5cm Durchmesser erweitert indem die Schnecken die Erde zur Seite schieben.

Wer hätte diesen Tieren eine solche Leistung zugetraut! Danach gönnen sie sich eine Ruhepause von mehreren Stunden, um dann mit der Ablage von 40 bis 60 erbsengroßen Eiern zu beginnen. Dazu brauchen sie etwa 20 bis 30 Stunden, manchmal sogar noch mehr.

Zum Schluß wird die Höhle mit schleimiger Erde verschlossen. Die Entwicklung kann beginnen. Nach 20 bis 25 tagen schlüpfen die jungen Schnecken. 8 bis 10 Tage bleiben sie noch in ihrer Erdhöhle und ernähren sich von den leeren Eierschalen.

Mit ihrem winzigen Haus, das zwei Windungen hat und 3,5 bis 4mm hoch ist, fressen sie sich durch das Erdreich ans Tageslicht. Hier beginnt der Ernst des Lebens, denn nun müssen große Mengen Futter vertilgt werden, damit das Haus wächst. Bis zum ersten Winter besteht es meist schon aus 3 Windungen und ist 10 Millimeter hoch. Erst nach der dritten Überwinterung ist die normale Gehäusegröße von 4,5 bis 5 Windungen und 30 bis 40 Millimeter Höhe erreicht.

Eine Weinbergschnecke wird in der freien Natur kaum älter als fünf Jahre. Im Terrarium kann sie allerdings zehn und mehr Jahre erreichen.

Schauen wir uns eine Weinbergschnecke etwas genauer an, dann sehen wir, daß ihr Haus genau in der Körpermitte auf dem Rücken sitzt. Es ist das markanteste Merkmal ihrer Art und bis auf wenige Ausnahmen immer rechtsgewunden. Nur eine - von einigen tausend Schnecken - hat ein linksgewundenes Haus.
Der Volksmund nennt so etwas Schneckenkönig. Die Schale des Hauses besteht aus Kalk und ist ein bedeutender Schutz gegen Feinde. Wenn die Schnecke sich uns zeigt, sehen wir einen spindelförmigen Körper, der auf der Unterseite abgeplattet ist. Der Kopf setzt sich kaum gegen den Körper ab. Auffallend sind die schräg nach oben stehenden großen Tentakel und die nach unten gerichteten kleinen Tentakel. Der Volksmund nennt sie Fühlhörner. Und in der Tat, mit den kleinen Tentakeln ertastet die Schnecke ihren Weg, sie fühlt den Laufgrund ab. An der Spitze der großen Tentakel befinden sich schwarze, etwa Stecknadel große Flecken; die Augen. Sie sind mit Hornhaut, Linse, Netzhaut und Augennerv ausgestattet und prüfen, ob der Weg frei ist von Hindernissen, die den Weg der Tiere beim Vorwärtskriechen stören könnten.

Versuche haben ergeben, daß die Weinbergschnecke damit etwa 7 bis 8 Zentimeter weit sehen kann.

Schnecken kriechen nie unter einem Hindernis hindurch, sondern immer daran vorbei oder darüber hinweg. So vermeiden sie die Gefahr, daß sie mit dem Gehäuse anstoßen oder gar eingeklemmt werden. Für das Herumtragen ihrer Wohnung braucht die Schnecke eine spezielle Fortbewegungsmöglichkeit. Ein großer Teil ihres Fußes, die sogenannte Lauffläche, besteht aus einem Schwammartigen Gewebe. Dieses wird in einen prall gefüllten Zustand versetzt. Dann wird ein großer Teil der Fußsohle auf dem Boden "angeheftet." Das Anheften geschieht durch abgegebenen Schleim, der aus einer großen, schlauchförmigen Drüse unterhalb der Mundöffnung fließt. Schnecken können dieses Schleimband ständig ausstoßen und wie auf einer Rutschbahn darüber hinweggleiten. Es ist ihnen egal, ob der Untergrund glatt oder rauh ist. Bei letzterem wird nur sehr viel mehr Schleim produziert, um die Unebenheiten auszugleichen. Beobachtet man einen Schnecke, so schiebt sie sich scheinbar ohne besonderen Antrieb mühelos vorwärts. Doch für uns fast unsichtbar, geschieht die Kriechbewegung mit Hilfe von den Muskelwellen der Fußsohle.

 

WINTERSCHLAF

Wenn es Herbst wird können schon im Oktober die ersten kalten Nächte auftreten. Sie sind ein wichtiger Auslöser für die Vorbereitung auf die Winterruhe, denn bei Temperaturen von +8°C fühlen sich Schnecken nicht mehr wohl. Unter Moos, Gras oder blätterbedeckten Stellen sammeln sich die Tiere. Von nun an nehmen sie keinerlei Nahrung mehr zu sich. Nach etwa zwei Tagen, wenn der letzte Kot ausgeschieden ist, wird ein günstiger Platz unter einer schützenden Bodendecke gesucht, der sich zum Höhlenbau für den Winterschlaf eignet. Genau wie beim Bau der Bruthöhlen "gräbt " sich die Schnecke ein Loch, in das sie sich - mit Gehäuseöffnung nach oben - hineinlegt. Zum Schutz gegen Nässe und Kälte wird Moos und Gras in die Höhle gezogen. Dann kriecht die Schnecke in ihr Gehäuse und vermauert sich. Dazu wird ein ca. 1Millimeter starker Kalkdeckel gebildet, der das Gehäuse dicht verschließt. Stück für Stück zieht sich die Schnecke nun immer mehr ins Innere zurück. Dabei bildet sie Häute. Zwischen die Häutchen bläst sie Luft , so daß einzelne Kammern entstehen. Es können so bis zu sechs solcher Zwischenschichten angelegt werden. Sie sind eine ausgezeichnete Kälteisolierung für den Winter.

Von der letzten Nahrungsaufnahme an dauern die Vorbereitungen auf die Winterruhe etwa 5 bis 6 Tage. Gut eingedeckelte Weinbergschnecken vertragen relativ hohe Kältegrade. Diese können sogar weitaus höher liegen, als es normalerweise in der Natur vorkommt. Versuche haben ergeben, daß die Tiere kurzzeitig Temperaturen von -100°C ohne Schaden überleben können.

 

In den Monaten März / April kommt langsam wieder leben in die Schnecken. Sie erwachen aus ihrem Winterschlaf, wenn ihnen das Wetter zweierlei bietet was sie dringend brauchen: Wärme und Feuchtigkeit. Nur wenn beides gleichzeitig auf sie einwirkt, schieben sie sich innerhalb weniger Minuten aus ihrem Gehäuse heraus. Schon bald darauf beginnen sie mit der ersten Nahrungsaufnahme. Nun darf es jedoch nicht wieder kalt werden, da die Tiere noch nicht sehr widerstandsfähig sind. Vereinzelt auftretende Nachtfröste können ganze Schneckenbestände vernichten.

Bei allem Ärger, den uns die Tiere manches Jahr im Garten bereiten, sollten wir nicht vergessen, daß sie in der Natur eine wichtige Nahrungsgrundlage für Vögel und Igel darstellen. Wer sie aus seinem Garten vertreibt, jagd auch Igel und Vögel davon!!!

 

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